Was steht wirklich im Zeugnis?
Ein ordentliches Arbeitszeugnis kann sehr wichtig für den weiteren beruflichen Werdegang sein. Leider ist die Zeugnissprache aber eine Wissenschaft für sich. Hier sind einige Beispiele, die jedoch eine individuelle Überprüfung des Zeugnisses durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht nicht ersetzen können:
"Er/sie zeigte für die Arbeit Verständnis" heißt: ... hat nichts geleistet.
"Alle Arbeiten erledigte er/sie mit großem Fleiß und Interesse" heißt: ... eifrig, aber nicht sehr tüchtig.
"Er/sie bemühte sich, den Aufgaben gerecht zu werden" heißt: ... schaffte es jedoch nicht.
"Er/sie hat sich im Rahmen der Fähigkeiten eingesetzt" heißt: ... konnte nicht viel.
"Trug durch Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei" heißt: ... trinkt zu viel!
"Kam mit den Vorgesetzten gut zurecht" heißt: ... mit anderen Mitarbeitern eher nicht.
"War tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen" heißt: Unangenehmer Mitarbeiter!
"Er/sie verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden und wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute" heißt: Ein wirklich guter Arbeitnehmer, auf den das Unternehmen nur ungern verzichtet.
"Er/sie verlässt uns im gegenseitigen Einvernehmen" heißt: Der Arbeitgeber hat gekündigt.
"Wir bedanken uns für seine/ihre Mitarbeit" heißt: Endlich ist er/sie weg!
"Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute, auch Erfolg" heißt: Die Leistung wird zum Schluss noch negativ beurteilt.
Zeugnisse müssen immer positiv formuliert sein, doch wie die Beispiele zeigen, ist hier wirklich Vorsicht geboten. Denn längst nicht alles, was gut klingt, ist auch gut.
Rechtsanwalt Stefan A. Weber
Fachanwalt für Arbeitsrecht