Die alte Geheimsprache der Juristen
Lateinkenntnisse sind für das Jurastudium seit langem nicht mehr erforderlich. Die Gerichtssprache ist deutsch. Dennoch gibt es einige lateinische Fachbegriffe, die uns aus dem römischen Recht erhalten geblieben und jedem Juristen geläufig sind. Vor allem im Vertragsrecht, aber auch im Strafrecht gibt es einige lateinische Fachausdrücke, die manchmal dazu dienen, dass sich die Juristen schnell untereinander verständigen können und dabei auch noch gelehrt klingen. Hier sind die wichtigsten:
culpa in contrahendo, abgekürzt cic - Verschulden beim Vertragsschluss (führt zum Schadensersatz)
de facto - tatsächlich
de lege lata - nach geltendem Recht
lege artis - nach den Regeln der (ärztlichen) Kunst
dolus - Vorsatz (es gibt verschiedene Arten von vorsätzlichem Verhalten)
dolus eventualis - bedingter Vorsatz (den Schaden billigend in Kauf nehmen)
essentialia negotii - die notwendigen Mindestbestandteile (eines Vertrages)
ex ante Sicht - aus der damaligen Sicht
ex post Sicht - aus der Rückschau
ex nunc Wirkung - die Wirkung (des Gesetztes) ab jetzt
ex tunc Wirkung - rückwirkend
in dubio pro reo - Im Zweifel für den Angeklagten. (Den Strafrichter plagen selten solche Zweifel.)
judex non calculat - Der Richter rechnet nicht. (Darauf sollte man sich besser nicht verlassen.)
lex specialis - Spezialgesetz
ne bis in idem - nicht zweimal in derselben Sache (keine doppelte Anklage/Verurteilung)
non liquet - unklare Beweislage (geht zu Lasten dessen, der den Beweis führen muss)
nulla poena sine lege - keine Strafe ohne Gesetz
pacta sund servanda - Verträge sind einzuhalten
prima facie Beweis - der Beweis des ersten Anscheins (aufgrund von allgemeiner Lebenserfahrung)
ratio legis - der Sinn des Gesetztes
reformatio in peius - Verschlechterung (z.B. wenn das Urteil in der zweiten Instanz noch belastender wird)
venire contra factum proprium - widersprüchliches Verhalten
Dr. Sybille Weber
Rechtsanwältin