Freispruch: Im Zweifel für den Angeklagten

Die Straftat war nicht nachweisbar

 

Am 21.07.2020 wurde nach einem umfangreichen Verfahren am Amtsgericht Mönchengladbach ein junger Mann zusammen mit zwei weiteren Angeklagten vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Das angebliche Opfer, ein polizeibekannter Drogendealer, erschien nicht zur Verhandlung. Die Polizeibeamten konnten sich an den Vorfall nur lückenhaft erinnern.

 

Der Strafrichter stellte in seiner Urteilsbegründung klar, dass er "Hau ab, du Schwein!" in jedem Fall für eine Beleidigung hält, selbst wenn man es zu einem Drogendealer am Bahnhof sagt, der zuvor eine Frau öffentlich schikaniert und mit Bier herumgespritzt hat. Auch sei der Angeklagte, der aufgrund von Behinderungen ein geistiges Entwicklungsalter von lediglich 12 Jahren hatte, nicht als schuldunfähig anzusehen. Den Antrag auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens lehnte das Gericht ab. Der Freispruch erfolgte nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten".

 

Begonnen hatte das Verfahren mit einem Strafbefehl, der unserem Mandanten, welcher in einer Behindertenwerkstatt 140 EUR im Monat verdient, eine Geldstrafe von 1500 EUR auferlegte. Da der unter rechtlicher Betreuung stehende Mann die Einspruchsfrist versäumte, musste ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt werden. Die mündliche Hauptverhandlung dauerte 2 Tage. Am Schluss beantragte nicht nur die Verteidigung, sondern auch die Staatsanwaltschaft Freispruch.

 

Dr. Sybille Weber

Rechtsanwältin