Die Systematische Verteidigung hat alle Möglichkeiten Im Blick
Es ist wichtig zu wissen, dass dem Beschuldigten die Schuld nachgewiesen werden muss, ansonsten hat er als unschuldig zu gelten. Das ist die sogenannte Unschuldsvermutung im Strafrecht. Ausgehend von diesem Grundsatz ergeben sich vier Verteidigungslinien, die eine effektive Verteidigung im Blick haben sollte. Ein einfaches Beispiel:
Einem griechischen Philosophen wurde vorgeworfen, Löcher in einen Kupferkessel gebohrt zu haben. Er verteidigte sich gegen den Vorwurf auf vierfache Weise:
1. Es gibt keinen Kupferkessel
2. Ich habe ihn nicht.
3. Es sind keine Löcher darin.
4. Ich habe die Löcher nicht in den Kessel gebohrt.
Demnach ist die erste Verteidigungslinie, zu bestreiten, dass es den Gegenstand des Vorwurfs überhaupt gibt. Nur wenn nachweislich feststeht, dass es den "Kupferkessel", also den Gegenstand des Tatvorwurfs, wirklich gibt, ist die erste Verteidigungslinie keine Option.
Wir kommen dann zur zweiten Verteidigungslinie. Hier bestreitet der Beschuldigte, mit dem Gegenstand des Tatvorwurfs in Berührung gekommen zu sein. Nur wenn bewiesen ist, dass der Beschuldigte doch etwas mit der Sache zu tun hatte, ist die zweite Verteidigungslinie überwunden.
An der dritten Verteidigungslinie behauptet der Beschuldigte, dass der Gegenstand des Tatvorwurfs - den es zwar gibt und mit dem er auch tatsächlich zu tun hatte - nicht so aussieht, wie im Vorwurf formuliert. Steht dagegen fest, dass der sprichwörtliche Kupferkessel in Wirklichkeit Löcher hat, so ist auch die dritte Verteidigungslinie keine sinnvolle Option.
Die vierte und letzte Verteidigungslinie ist schließlich die Behauptung des Beschuldigten, die Tat - die allerdings tatsächlich stattgefunden hat - selbst nicht begangen zu haben. Hier wird es dann schon denkbar eng. Es ist deshalb ein Fehler, die ersten drei Verteidigungslinien zu vernachlässigen und gleich an der vierten Linie anzusetzen. Eine effektive Verteidigung verschenkt keinen Boden.
Dr. Sybille Weber
Rechtsanwältin