Ausgesperrt und Abgezockt
Da fängt das Neue Jahr gleich gut an, um Mitternacht schnell mal vor die Tür und den Nachbarn über die Straße ein frohes Neues Jahr wünschen, nur leider blieb der Türschlüssel in der Wohnung. Die Tür ist zu, und die Nachbarn haben leider auch keinen Schlüssel. Es hilft alles nichts, ein Schlüsseldienst muss her.
Per Handy wird auch schnell ein Schlüsseldienst gefunden, der binnen 30 Minuten Abhilfe verspricht - und nach gut eineinhalb Stunden auch in Person erscheint. Das kann man ja verstehen, in der Silvesternacht. "Türöffnung an Feiertagen 189 EUR", wird der Kunde knapp aufgeklärt. Na gut, was soll man machen?
Binnen 10 Sekunden wird die Tür mit einem Draht geöffnet. Der Mann vom Schlüsseldienst tritt ein und füllt nun eine Rechnung aus. Zu den 189 EUR Feiertagszuschlag gesellen sich ein "fallspezifischer Einsatzwert" in gleicher Höhe, dann noch eine "An-/Abfahrtpauschale" von 20 EUR und eine "Mehrarbeitszeit" von 49,90 EUR, schließlich die Mehrwertsteuer, und am Schluss stehen da über 500 EUR.
Der Kunde weiß nicht, wie ihm geschieht. Er fragt schüchtern, ob man das per Überweisung zahlen kann, denn soviel Geld hat er ja gar nicht in der Wohnung. Nein, das geht nicht, aber der Mann vom Schlüsseldienst hat ein EC-Gerät dabei. Na gut, was soll man machen?
Der Kunde hat gezahlt und dann Strafanzeige erstattet. Per Anwaltsbrief wird nun der überhöhte Rechnungsbetrag zurückgefordert. 250 EUR darf eine Türöffnung am Feiertag bzw. in der Nacht schon kosten - aber nicht das doppelte. Das ist strafrechtlich gesehen Wucher, Betrug und Nötigung (z.B. Urteil des Landgerichts Bonn vom 5.5.2006) und zivilrechtlich gesehen eine sittenwidrig überhöhte Vergütung, die zurückgefordert werden kann (z.B. Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 21.4.2009). Häufig stellt sich dann leider heraus, dass es nichts zurück gibt, weil nichts mehr da ist.
Dr. Sybille Weber
Rechtsanwältin