Fahrverbot vom Arzt

Wenn Der Arzt Das Autofahren Verbietet

Recht mit Anwalt - Führerschein und Fahrerlaubnis

 

Der Fall

 

Der HNO-Arzt hat bei einer Untersuchung herausgefunden, dass das Gleichgewichtsorgan im rechten Ohr des Patienten außer Funktion ist. Er teilt dem Patienten mit, dass dieser ab sofort "Fahrverbot" habe und nicht mehr Auto fahren dürfe. Der Zustand könnte sich innerhalb des nächsten Jahres wieder bessern - oder auch nicht.

 

Der Patient, der seit 30 Jahren beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilnimmt und aus seiner Sicht mit dem Gleichgewicht gar keine Probleme hat, ist entsetzt. Er muss täglich 70 km zu seiner Arbeitsstelle zurücklegen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Weltreise. Er fragt nach der Verbindlichkeit und den rechtlichen Auswirkungen des ärztlichen "Fahrverbots".

 

Die Rechtslage

 

Ein Fahrverbot im Rechtssinn kann nur die zuständige Behörde oder aber das Gericht anordnen, nicht der Arzt. Das ärztliche Verbot, weiter aktiv als Kfz-Fahrer am Straßenverkehr teilzunehmen, ist etwas anderes. Es handelt sich um eine an den Patienten gerichtete Warnung mit dem Zweck, eine potentiell (lebens-) gefährliche Situation für den Patienten und andere Menschen auszuschließen.

 

Wenn er diese Warnung missachtet, riskiert der Patient den Schutz seiner Fahrzeugversicherung. Kommt es zum Verkehrsunfall, so wird ihm ein überwiegendes Verschulden zugerechnet. Außerdem droht eine Strafbarkeit wegen fahrlässigen oder bedingt vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und ggf. entsprechender Körperverletzungsdelikte.

 

Die Störung des Gleichgewichtssinns ist ein Mangel, der ausdrücklich in der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung), Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 betreffend die Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, aufgeführt ist (Ziffer 11.4 der Tabelle). Danach gilt, dass die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen "in der Regel" entfällt, wenn eine Störung des Gleichgewichtssinns vorliegt. Diese gesetzliche Bewertung gilt für den Regelfall, Ausnahmen sind also möglich. Der Mangel kann durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen kompensiert werden. Das lässt sich aber nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten im Einzelfall feststellen.

 

Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde kann und wird die Fahreignung nur dann überprüfen und ggf. ein Gutachten anordnen, wenn sie von dem Sachverhalt Kenntnis erhält. Die Ärzte haben das Recht, aber nicht die Pflicht, solche Fälle der Behörde zu melden. Dies liegt im ärztlichen Ermessen unter Abwägung der Schweigepflicht gegenüber der Verkehrssicherheit. Normalerweise wird der Arzt den Patienten eindringlich ermahnen, sich die Warnung ggf. auch schriftlich bestätigen lassen, und alles weitere dann in den Verantwortungsbereich seines Patienten legen.

 

Dr. Sybille Weber

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht